Espresso - die große Liebe der Italiener

Für den Italiener ist Liebe kein Longdrink, sondern ein Espresso. 

Judith Cosgrave

 

„Espresso“ ist zwar der Inbegriff für italienischen Kaffee, aber kein Italiener wird niemals in der Bar so sein Lieblingsgetränk bestellen.
Wer in Italien ein Tässchen des konzentrierten Wachmachers trinken möchte, bestellt schlicht einen caffè. Ihn trinken die Italiener „zu jeder
Tag- und Nachtzeit“.
 
Caffè ist für den Italiener mehr als nur ein Getränk. Es handelt sich um ein Stück Lebensart, um ein Ritual, das in den zahlreichen CaffП-Bars
zelebriert wird. Dabei bietet jede Pause einen willkommenen Anlass für einen Espresso.
 
Das Frühstück geniesst der Italiener gerne in der nächst gelegenen Bar in geselliger Runde - ein Espresso oder auch einen Cappuccino -
dazu eventuell eine Süßspeise wie etwa ein “Cornetto”. Dafür nimmt man sich gerne auch etwas mehr Zeit als sonst. Konsumiert wird der
Cappuccino ausschlieІlich vormittags. Denn nach Ansicht der Italiener handelt es sich beim Cappuccino angesichts des hohen Milchanteils
um ein schweres, magenfüllendes Getränk, welches erst einmal verdaut werden muss.
 
Wenn es 12 Uhr schlägt, macht der Cappuccino dem Espresso Platz. Denn ab dem Mittagessen wird Kaffee nur als Muntermacher sowie
zum Zwecke einer schnelleren Verdauung getrunken – gerade deshalb ist der Cappuccino von nun an ungeeignet. Ab diesem Zeitpunkt wird
der Espresso gleich mehrmals, nicht selten sogar stündlich, getrunken. Auch nach dem Abendessen wird oft ein Espresso bestellt, was mit
einer besseren Verdauung begründet wird.
 

Espresso im Zentrum des Lebens und ein echtes Multitalent

 

Der Preis in Italien:
 
„al banco“: In Italien legt die jeweilige Kommune den Maximalpreis eines Espresso an der Bar („al banco“: „im Stehen“ am Tresen) fest.
Dieser liegt in Italien derzeit bei einem Euro zehn Cent.
 
„coperto“: Erst wenn man seinen Espresso im Sitzen am Tisch einnimmt, kommt eine Servicegebühr („coperto“) hinzu und an besonderen
touristischen Orten wie am Markusplatz in Venedig eventuell ein erwarteter Obolus für die Livemusik.
 
„sospeso“: (deutsch: Aufgehobener) Espresso mit sozialem Mehrwert, also ein Espresso für einen guten Zweck. Der Sospeso ist in der neapolitanischen
Tradition des Helfens begründet. Wenn man einen erfolgreichen Tag hatte oder einfach einen sozialen Beitrag leisten will, trinkt man einen Sospeso, man trinkt einen Espresso und bezahlt zwei. Wer sich selbst keinen Espresso leisten kann, kann nach diesem „Aufgehobenen“ fragen und ihn kostenlos trinken. Menschen, denen es schlecht geht, können dadurch am sozialen Leben teilhaben